16.06.2021
Stellungnahme zum Verkehrskonzept

Wie kann ein neues Verkehrskonzept für Herrieden aussehen? Eine vieldiskutierte Frage, zu der es kürzlich einen Workshop des Stadtrates gab. In der Stadtratssitzung vom 16.06.2021 wurden Ergebnisse dieser Arbeitssitzung beschlossen. Hier findet sich das Statement unserer Fraktion zum nachlesen.


Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen des Stadtrates,
verehrte Bürgerinnen und Bürger,

 

kaum ein Thema wurde in den letzten Tagen, Wochen, Monaten und sogar Jahren in Herrieden so sehr diskutiert wie das Verkehrskonzept. Zu Recht, denn Mobilität ist Teil unseres Alltags und hat gravierende Auswirkung auf unsere Lebensqualität.

Im positiven Sinne unterstützt uns Mobilität bei der Entfaltung – sowohl beruflich wie privat. Im negativen Sinn belasten Lärm, Staub und Gift unsere Gesundheit und unseren Lebensraum.

Zu Recht hat der Stadtrat deshalb immer wieder zum Ausdruck gebracht, dass er sich selbst um die Thematik kümmern will.

Leider sorgen die Bürgermeisterin und ihre Beraterinnen und Berater immer wieder dafür, dass man sich fragen muss, ob alle Sorgen und Nöte der Bevölkerung – und die sie vertretenden Räte ernst genommen werden.

Die Entwicklung in den letzten Monaten hat zu zeitlicher Verzögerung, Verunsicherung und menschlichen Verletzungen geführt. Ein Armutszeugnis für eine Stadtführung, die sich vor kaum mehr als einem Jahr Transparenz sowie vertrauensvolle Zusammenarbeit mit allen Akteuren des öffentlichen Lebens unserer Stadt auf die Fahnen geschrieben hatte.

So wie jedem Ende ein Neuanfang innewohnt, so ist jede Krise auch eine Chance. Deshalb war es richtig, den Stadtrat kurz vor den Pfingstferien zu einer Klausur zu bitten. Meine Fraktion der FREIEN WÄHLER ging diesen Termin optimistisch an. Alte Gräben aufschütten und alltagstaugliche Ideen auf den Weg bringen, das war unsere Idee dieser Veranstaltung – über deren Ergebnisse wir heute Abstimmen.

Am Ende ist wieder nicht mehr geblieben als Enttäuschung. Ein Grund hierfür ist die weitere Zusammenarbeit mit Moderatorin Utz. Die Frage, weshalb wir überhaupt eine teure Moderation benötigen, stelle ich heute bewusst nicht. Doch auch Befürwortern dieser Lösung müsste in den letzten Monaten aufgefallen sein, dass insbesondere das übermotivierte Handeln von Frau Utz dazu beigetragen hat, dass Porzellan zerschlagen, dass Vertrauen verspielte wurde.

Gerne hätten wir hierzu eine Debatte geführt, die wie viele andere nicht gewünscht war. Ausdrücklich unterstreichen wir FREIEN WÄHLER deshalb, dass wir eine weitere Zusammenarbeit mit Frau Utz kritisch sehen – und dagegen stimmen würden, gäbe es die Möglichkeit dazu.

Zu einer weiteren Herausforderung hat sich im letzten halben Jahr die Thematik „Steuerungsgruppe Verkehr“ entwickelt. Als Lösung soll nun die Umbenennung in „Unterstützungsgruppe“ erfolgen. Die Idee, Dinge anders zu benennen, um Probleme zu lösen, ist nicht neu. So wurde schon Else Urys Nesthäkchen gerügt. Die kleine Annemarie bezeichnete ihren Bruder im Angesicht schlechter Noten als dumm. Ihr wurde erläutert, dass man so etwas nicht sagt. Richtig müsse es heißen: Ihm ist noch kein Erfolg beschieden, so die tadelnde Mutter. Das mag pädagogisch richtig gewesen sein, davon dürften allerdings die Zensuren von Bruder Klaus nicht besser geworden sein. Ebenso wenig wie das Verbot von traditionellen Bezeichnungen für mit Schokolade überzogene Eierschaumhaufen Diskriminierung beseitigt.

Ist nun die Erstellung eines funktionierenden Verkehrskonzepts gesichert, weil die Steuerungsgruppe künftig Unterstützungsgruppe heißt? – Sicher nicht. Auch die Idee, den Stadtrat nun über weitere Mitglieder beraten zu lassen, wird hier wenig helfen. Richtig gewesen wäre es, über eine Zusammensetzung und eine Geschäftsordnung für diesen zugegebener Maßen wichtigen Kreis zu entscheiden. Das ist leider unterblieben. Aus Sicht der FREIEN WÄHLER wäre es besser gewesen, einen Pool von kompetenten, engagierten Bürgerinnen und Bürgern anzulegen – und diese im Bedarfsfall in die Unterstützungsgruppe zu rufen. Das wäre eine flexible, akzeptierte und damit intelligente Lösung gewesen.

Richtig ist es, wenn der vorliegende Beschluss deutlich macht, dass Beschlüsse über den Verkehr im Stadtrat getroffen werden sollen. Denn wie bereits ausgeführt, tangiert Verkehr – egal ob wir zu Fuß, auf dem Fahrrad, mit dem Auto oder dem Pferd unterwegs sind – jeden von uns.

Unschön ist es, wenn Beschlüsse dann in einem Ausschuss gefasst werden sollen – mit der Begründung, ein Ausschuss sei ja auch der Stadtrat. – Da sagen wir entschieden: Nein!

Ein Ausschuss handelt in Vertretung des Stadtrates. Dort, wo der Stadtrat sagt, er könne oder wolle sich nicht befassen. Wenn die Stadtführung Räte schulmeistert, indem sie die vom Stadtrat selbst gefasste Geschäftsordnung dagegen hält, darf sich der geneigte Betrachter schon fragen, ob sich jeder im Rathaus bewusst ist, dass der Stadtrat das Sagen hat – und die Verwaltung abarbeitet.

Umgekehrt sagen wir FREIE WÄHLER an dieser Stelle allen Bürgerinnen und Bürgern: Der Stadtrat ist Eure Interessenvertretung – Ihr braucht keinen Anwalt uns gegenüber.

Was den Verkehr betrifft, gibt es aber keine Lösung, die alle Probleme löst. Gäbe es diese, hätten unsere Vorgänger sie längst auf den Weg gebracht. Gemeinsam und über alle Parteien hinweg arbeiten wir daran, die Lösung mit dem größten Nutzen für alle – und dem kleinsten Schaden für Mensch, Tier, Natur und Stadtkasse zu finden.

Als kleinen Schritt kann man die Klausur und den vorliegenden Beschluss dennoch werten. Ein paar Dinge haben sich zum Positiven entwickelt – obwohl der Brauch, einen andersdenkenden mundtot machen zu wollen, auch in dieser Runde gepflegt wurde.

Vor diesem Hintergrund stimmen wir dem Beschluss zu. Gleichsam werden wir weiter gut vernehmlich die Stimme für all jene ergreifen, die in Herrieden vom Zeitgeist übermannt werden sollen. Dazu zählen die Anwohner von Straßen wie der Neunstetter, Ansbacher, Münchner oder Nürnberger Straße – die an sonnigen Tagen wie jetzt auch auf ihrer Terrasse Kaffeetrinken wollen, statt hinter Schallschutzglas eingesperrt zu sein. Das sind die Menschen, die Dinge erledigen wollen – egal ob zur Arbeit fahren, zum Einkaufen oder zum Arzt – und dafür ein Auto brauchen. Das sind auch jene Menschen, die den charmanten, kleinstädtischen Charakter unserer ländlich geprägten Stadt schätzen – und keine Schallschutzröhren gleich der Berliner Mauer durch die Stadt ziehen wollen. Wir respektieren die Tatsache, dass ein Pkw das meistgenutzte Verkehrsmittel ist – und Lkw dazu beitragen, Arbeitsplätze und Versorgung vor Ort zu sichern. Das bedeutet nicht, dass wir andere Arten von Verkehrsteilhabe verhindern wollen. Es bedeutet aber, dass wir alltagstauglich und konsensfähig Verkehr entwickeln wollen.

Wer dafür eintritt, die Innenstadt zu einem Ort der Begegnung zu machen, wer Anwohner von Lärm und Emission entlasten will und dafür eine Straße baut, der ist nicht der Zerstörer himmlischer Schöpfung. Der ist umsichtiger Realist – dafür steht meine Fraktion, auch wenn es wehtut.