16.03.2022
Haushaltsrede 2022

Geschätzte Kolleginnen und Kollegen,

insbesondere aber sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt und Vertreter der Presse,

 

wir – der Stadtrat – sind heute aufgerufen über den neuen Haushalt der Stadt Herrieden abzustimmen. Was bedeutet dies konkret?

Es geht darum festzustellen, ob der durch die Verwaltung ausgearbeitete Haushaltsentwurf dem kommunalen Regelwerk entspricht. Wir beschäftigen uns also mit der Frage, ob die Finanzplanung rechtmäßig ist. Weil dies im letzten Jahr – auch in der Presse – missverständlich wiedergegeben wurde: Es geht ausdrücklich nicht darum, ob wir den Haushaltsplan für gut oder schlecht, für richtig oder falsch, für übervorsichtig oder zu progressiv halten.

Wenn der Haushalt heute also positiv beschieden wird, bedeutet dies eben nicht, dass in Herriedens Stadtkasse weiter eitel Sonnenschein herrscht. Deshalb lade ich sie, geschätzte Bürgerinnen und Bürger sowie Pressevertreter, dazu ein, sich mit den heutigen Haushaltsreden der Fraktionen zu beschäftigen. Anders als es das Abstimmungsverhalten erkennen lassen wird, gibt es dort durchaus unterschiedliche Bewertungen – die letztlich eines deutlich machen: Herrieden wird Prioritäten setzen müssen, und die fallen durchaus unterschiedlich aus.

Um es vorweg zu nehmen: Die Fraktion der FREIEN WÄHLER wird dem von Kämmerer Meyer und seinem Team ausgetüftelten Haushalt zustimmen – denn er ist formal in Ordnung. Herzlichen Dank an dieser Stelle dem Team der Stadtkämmerei für die gute Vorbereitung, für die hervorragende Begleitung von uns Ehrenamtlichen bei Fragen und Anregungen. Dieses kollegiale Miteinander ist nicht selbstverständlich und wird von uns sehr geschätzt.

Unabhängig davon hält sich unsere Freude über die Haushaltslage jedoch in Grenzen. Dies als Jammern auf hohem Niveau abzutun wäre jedoch zu leicht. Selbst in einer Zeit, in der es zum guten Ton gehört die Bürgerschaft als übersättigt und undankbar zu titulieren. Und als nichts anderes ist es zu bezeichnen, wenn ein emeritierter Bundespräsident die Auffassung vertritt, es würde seinem Volk gut tun ein paar kalte Winter zu erleben – um seine Undankbarkeit zu erkennen.

Der Anspruch meiner Gruppierung ist es, rechtzeitig das aufziehen von Stürmen zu erkennen und mit besonnenen Vorbereitungen Lebensqualität und Handlungsspielraum zu erhalten.

Natürlich freuen wir uns und sind dankbar dafür, dass Herrieden bislang deutlich besser durch die Corona-Krise gekommen ist, als andere. Doch wir gehören nicht zu all jenen, denen es dadurch besser geht, dass sie wissen, dass es anderen noch schlechter geht. Wir relativieren die Sorgen unserer Bürgerinnen und Bürger angesichts von 6 Prozent Inflation und Sprit-Preisen um 2,30 Euro nicht mit dem Verweis auf die Not von Menschen, die sich in U-Bahnschächten vor Luftangriffen schützen müssen. Es ist legitim, sich auch bei der aktuellen politischen Großwetterlage Sorgen um seine eigene Lebensqualität zu machen.

Dies tun wir auch als Stadtratsfraktion für unsere Heimatstadt. Angesichts der jetzigen Rahmenbedingungen halten wir es deshalb für notwendig, sich auf finanziell schwierigere Zeiten einzustellen – denn Experten gehen aktuell von einer länger anhaltenden Rezession aus und auch unsere gesunden mittelständischen Arbeitgeber und Steuerzahler am Ort werden sich da nicht auf Dauer entziehen können.

Doch bereits in den letzten beiden Jahren, die wir – wie bereits dargelegt – gut gemeistert haben, ist die Finanzkraft Herriedens stark geschmolzen. Ablesen lässt sich dies an der Pro-Kopf-Verschuldung. Diese lag im Dezember 2020 bei 350,67 Euro – und damit nur knapp halb so hoch, wie bei vergleichbaren Städten in Bayern. Wenn das Jahr 2022 nun nach dem heute zu verabschiedenden Haushaltsplan verläuft, wird sich diese Pro-Kopf-Verschuldung im Dezember dieses Jahres – also gerade einmal zwei Jahre später – mit 682,72 Euro beinahe verdoppelt haben. Berücksichtig man die Schulden des Schulverbandes, dann drücken sogar 1.170,48 Euro auf den Schultern eines in Herrieden Lebenden.

Diese Entwicklung ist keine Überraschung, nicht die Folge einer unvorhergesehenen Krise, sondern logische Konsequenz bisheriger Stadtpolitik. Sehr geehrte Damen und Herren, an dieser Stelle erinnere ich mich noch gut an die Podiumsdiskussion im Rahmen der letzten Bürgermeisterwahl oben beim Bergwirt. Dort hatte ich die heutige Situation bereits prognostiziert. Dafür haben mich mir unbekannte Damen aus den vorderen Reihen ausgelacht und festgestellt: Der Herr Enz ist nicht von hier, der weiß noch nicht, dass in Herrieden immer genug Geld da ist.

Es hätte mich für uns alle gefreut, die Frauen hätten Recht behalten. Jetzt, gut zwei Jahre später, hat uns aber die von mir skizzierte Realität eingeholt. Aus der Stadt Herrieden, einem finanzpolitischen Musterknaben, ist ein durchschnittlicher Schüler geworden. Und dies, obwohl wir von den Großprojekten Stadtschloss, Landesgartenschau, Schulturnhalle, Kindergartenneubau, Wasserhochbehälter oder Sanierung von Infrastruktur in alten Siedlungsgebieten noch nichts wirklich angegangen sind.

Wahrscheinlich fragen Sie sich jetzt: Wo bleibt denn unser ganzes Geld?

Die Antwort, sie werden es ahnen – und mir deshalb auch ein Überziehen der von Bürgermeisterin Jechnerer ohne Deckung der Geschäftsordnung auf fünf Minuten festgesetzten Redezeit nachsehen – die Antwort ist nicht ganz einfach.

Ein entscheidender Punkt sind auf jeden Fall die Personalkosten. Diese werden im vorgelegten Haushalt mit 4,9 Mio. Euro beziffert. Die bedeutet nicht weniger als 19 % des Verwaltungshaushaltes – und eine Steigerung um 33 % im Vergleich zu 2018. Natürlich ist ein Teil der Kostensteigerung an dieser Stelle mit höheren Tarifabschlüssen zu begründen. Trotzdem muss uns klar sein, dass dies den Spielraum der Stadt zunehmend einengt. Hinzu kommt, dass sich Personalausgaben auch nicht ohne weiteres drosseln lassen, sollte sich die Finanzlage der Stadt weiter verschlechtern.

Bitte verstehen Sie mich nicht falsch: Wir FREIE WÄHLER sind nicht der Auffassung, dass wir für die aktuellen Aufgaben zu viel Personal haben oder, dass städtische Angestellte durchgängig zu viel bezahlt bekommen. Im Gegenteil, in vielen Fällen ist die Belastungsgrenze erreicht und wir haben hohen Respekt vor den handelnden Personen, die zum Wohle unserer Stadt sogar mehr Einsatz bringen, als nach Aktenlage zu verlangen.

Allerdings ist die Frage zu stellen, ob die Stadt über ihre kommunalen Pflichtaufgaben hinaus auf Dauer zusätzliche Leistungen in heutigem oder sogar steigendem Umfang erbringen kann und soll. Ein Beispiel hierfür ist die neu geschaffene aber noch nicht besetzte Position des Klimamanagers. Dieser soll in Entgeltgruppe 11 besoldet werden – was dem Selbstverständnis einer solchen Position entspricht. Trotz einer Förderung von 50 Prozent wird eine solche Stelle spürbar zur Steigerung der Personalkosten beitragen. Obwohl wir bereits drei Bautechniker in der Verwaltung beschäftigen – denen wir das nötige Know-how attestieren um die Aufgaben eines solchen Klimamanagers abzudecken. Zudem hat die Stadt Herrieden in der Vergangenheit bereits auf Aspekte der Nachhaltigkeit geachtet und unsere Liegenschaften sind weitgehend besser aufgestellt, als in anderen Kommunen, die sich von solch einem Klimamanager Einsparungspotenzial erhoffen.

Nicht nur die Liegenschaften, auch das Wegenetz in Herrieden ist aktuell in vorbildlichem Zustand. Dies ist ungewöhnlich – denn für teure Instandhaltungsmaßnahmen bekommen Bürgermeister keinen Applaus. Deshalb werden Reparaturen bei Straßen und Wegen oft gerne schleifen gelassen, während das Augenmerk auf Neubauten liegt. Dies haben unsere Vorgänger im Stadtrat in der Vergangenheit vorausschauend anders gehandhabt. Herzlichen Dank an dieser Stelle, dass ihr uns eine gute Infrastruktur hinterlassen habt.

Diese Arbeit wollen wir fortsetzen und haben auch heuer wieder 35.000 Euro für das Decken- und Wegeprogramm vorgesehen. Der Posten taucht allerdings nicht mehr im Haushaltsentwurf auf – aus buchhalterischen Gründen. Aber, wir haben darauf geachtet, die Maßnahmen sind eingeplant und werden durchgeführt. Neu ist allerdings, dass die Stadt gut 1 Mio. Euro exklusiv für Geh- und Radwege eingeplant hat. Wir sind uns nicht sicher, ob hier die Verhältnismäßigkeit gegeben ist – sowohl in Bezug auf den Bestand des Straßen- und Wegenetzes als auch der Nutzung und Abnutzung.

Neben von der Stadt steuerbaren Ausgaben wird der Herrieder Haushalt auch von Dritten stark beeinflusst. Namentlich genannt seien an dieser Stelle die Bezirks- und Kreisumlage. Angesichts der Corona-Pandemie haben sich sowohl Bezirkstag als auch Kreistag dazu entschieden, die Umlage für dieses Jahr nicht anzuheben. Noch nicht.

Trotzdem kommt uns die Kreisumlage nun mit 7,2 Mio. Euro über 300.000 Euro teurer als im Vorjahr. Das liegt daran, dass die zu Grunde gelegten Gewerbesteuereinnahmen im Betrachtungszeitrum gestiegen sind. Aktuell macht die Kreisumlage also einen Anteil von 27 % am Verwaltungshaushalt aus. Der kann sprunghaft ansteigen – wenn die Steuereinnahmen der Stadt zurück gehen, denn die Berechnung erfolgt immer drei Jahre zeitversetzt. Dies haben wir ja vor nicht all zu langer Zeit in Wassertrüdingen erlebt.

Doch selbst wenn unsere Einnahmen weiter stabil bleiben – wir werden für Bezirk und Kreis künftig tiefer in die Tasche greifen müssen. Schon jetzt hat der Bezirkstag für das kommende Jahr eine herbe Steigerung der Bezirksumlage avisiert. Diese wird in der Praxis über die Kreisumlage gnadenlos an uns durchgereicht.

Hinzu kommt, dass – anders als bei der Weihnachtssitzung des Kreistages postuliert – bei ANregiomed längst nichts zum Besten steht. Vielmehr wird das Kreiskrankenhaus für den Landrat immer mehr zum Millionengrab, an dem auf Sicht die Kommunen schmerzlich beteiligt werden. Neben dem Bezirkstag muss also auch der Kreis von unserem Kuchen ein größeres Stück abhaben.

Wir sehen also, mit den Personalkosten und den Umlagen haben wir zwei wachsende und schwer zu beeinflussende Kostenfaktoren, die unseren Spielraum extrem beschneiden. Vor diesem Hintergrund gilt es sich zu fragen, welche zusätzlichen Projekte die Stadt auf Sicht noch schultern kann und soll. Die Antwort hierauf lässt sich nicht aus der Hüfte beantworten. Denn es gibt vieles abzuwägen. Deshalb regen wir an, der Stadtrat möge einen langfristigen – beispielsweise auf zehn Jahre angelegten – Investitionsplan erarbeiten. Im Feuerwehrwesen haben wir damit bereits gute Erfahrungen gemacht. Aus unserer Sicht ist ein solcher Investitions- und Prioritätenplan eine hervorragende Möglichkeit, um in Zeiten beschränkter Mittel zu Priorisieren und den Nutzen für die Bürgerschaft zu maximieren. Denn wie im Privat- oder Geschäftsleben gilt auch in der Kommunalpolitik: Nicht alles was wünschenswert ist, ist auch machbar.

Wagen wir beispielsweise einen Blick auf das Stadtschloss. Hier wurde mit Bundesförderung eine Sanierung angestoßen. Dies war richtig – denn es gab attraktive Fördermittel aus Berlin und dass dieses herausragende Ensemble im Herzen unserer Altstadt erhalten werden muss, steht wohl außer Frage. Konsens besteht über alle Fraktionen hinweg darin, im Erdgeschoss eine bürgerliche Gastronomie – insbesondere zum Betrieb des malerischen Biergartens im Bürgerpark – zu etablieren. Doch die Nutzung der Bundesförderung zwingt uns auch dazu, weitere Schritte zu gehen. Wie können die oberen Stockwerke genutzt werden? Verschiedene Fraktionen haben hier unterschiedliche, und auf ihre Art und Weise schöne und schlüssige Konzepte vorgelegt. So unterschiedlich sie sein mögen, gemein ist ihnen eins: Sie werden die Stadt eine Menge Geld kosten. Angesichts explodierender Kosten am Bau schmilzt der Anteil der Fördermittel an den Gesamtkosten von Tag zu Tag dahin.

Im Rahmen der Aufstellung eines Investitionsplanes könnte der Stadtrat sich hier beispielsweise mit der Frage beschäftigen, ob es in der jetzigen Situation besser wäre die Fördermittel zurückzuzahlen, anstatt über 15 Mio. Euro in den Obergeschossen des Stadtschlosses zu binden.

Ähnlich sieht es mit der Landesgartenschau aus. Wir alle wünschen uns eine solche Landesgartenschau in Herrieden – denn sie brächte zusätzliche Fördermittel und Motivation zu tiefgreifender Stadtentwicklung mit sich. Trotzdem, so zeigen es erste grobe Kalkulationen, muss die Stadt als Ausrichter mit Kosten von derzeit zirka 10 Mio. Euro rechnen. Wenn wir die Gartenschau wollen, bedeutet dies, wir müssen ab jetzt jedes Jahr 1 Mio. Euro zurückstellen um im Jahr der Ausrichtung die finanziellen Mittel zu haben.

Zumindest für dieses Jahr haben Bürgermeisterin und Verwaltung hierfür jedoch keinen Haushaltstitel eingebracht. Trotzdem ist bereits eine Entnahme von 530.000 Euro aus den Rücklagen notwendig, um den vorgelegten Haushalt auszugleichen. Vor einem Jahr waren wir noch stolz darauf, auf das Abräumen des Sparkontos verzichten zu können.

Noch einen weiteren Aspekt rufe ich an dieser Stelle in Erinnerung: Zur Finanzierung des Investitionshaushaltes ist in diesem Jahr ein Darlehen in Höhe von 884.355 Euro erforderlich obwohl wir bei Grund- und Gewerbesteuer mit mehr Einnahmen planen als im vergangenen Jahr.

Dies zeigt: Bereits jetzt reichen die laufenden Einnahmen nicht aus, um die städtischen Ausgaben zu decken. Dies muss nicht unbedingt einen Fehler bedeuten – denn vernünftige Investitionen rentieren sich eben erst auf lange Sicht. Allerdings sollten sich Stadtrat und Verwaltung intensiver mit der Frage der Finanzierung beschäftigen. So kann die Gründung eines Kommunalunternehmens mit langfristiger Schuldenaufnahme jetzt ein richtiger Schritt sein. Denn aktuell kann sich Herrieden noch bei Zinsen um den Nullpunkt Re-Finanzieren. Aber die Zinswende ist eingeläutet – spätestens im Herbst werden Darlehen auch für die Öffentliche Hand merklich teurer. Sollten wir uns also auf einen langfristigen Investitionsplan verständigen können, wäre es ratsam auch eine langfristige und rechtzeitige Finanzierung anzugehen.

Zusammenfassend lässt sich feststellen: Der vorgelegte Haushalt weist eine leicht rote Null aus. Das ist kein Grund in Panik zu verfallen – aber ein deutlicher Hinweis darauf, dass es künftig nicht mehr so leicht für uns wird, wie in den vergangenen 25 Jahren. Die Bürgerliche Besonnenheit für die wir stehen, wirkt im politischen Zeitgeist ein wenig angestaubt – Sie wird aber dazu beitragen, dass wir unsere Stadt sicher in die Zukunft bringen. Das ist mein, das ist unser Versprechen. Und es ist verknüpft mit einer Bitte an die Bürgerschaft: Haben Sie Verständnis, wenn nicht alle Ihre Wünsche erfüllt werden können. Wir geben uns Mühe für Sie und machen, was geht. Denn Umsetzen, Fertigstellen und Einweihen macht uns mehr Spaß, als bremsen.