25.04.2022
Grenzen für Freiflächen-PV

Egal ob aus ökologischen oder geo-politischen Gründen: Die Energiewende soll vorangebracht werden. Daran lassen Regierungsvertreter in Berlin und München keinen Zweifel und fordern mehr Windräder, umfangreichere Nutzung der Sonne und dergleichen mehr. Hier zeigt sich: Die an den Bedürfnissen der Großstadt ausgerichtete Politik nimmt wenig Rücksicht auf den Erhalt von Landschaft, Ortsbild und ländlicher Kultur. Die Umsetzung der ambitionierten Ziele soll dann aber wieder einmal durch die Kommunalpolitik gestemmt werden. Stadt- und Gemeinderäte sollen den dünn besiedelten Gebieten unpopuläre Maßnahmen vermitteln. Dies ist aus unserer Sicht nicht der richtige Weg.

„Natürlich beschäftigen wir uns intensiv mit der Frage, wie wir in Herrieden mehr erneuerbare Energie nutzen können“, betont Umwelt-Rätin Gaby Rauch. „Photovoltaik-Anlagen sind hier für uns ein zentraler Baustein. Denn sie haben vergleichsweise wenig Einfluss auf Ortsbild und Landschaft und sind bei der Bürgerschaft akzeptiert.“ Allerdings nur dann, wenn die PV-Anlagen auf Dächern errichtet werden. „Deshalb machen wir uns dafür stark, dass die Stadt auf ihren Liegenschaften so viel Strom erzeugt, wie möglich.“ Grundsätzlich ist dabei festzustellen, dass Herrieden bereits in den letzten Jahren mehr getan hat als die meisten vergleichbaren Kommunen. Trotzdem gibt es noch ungenutzte Potenziale. So haben die FREIEN WÄHLER gemeinsam mit den GRÜNEN über den Rechnungsprüfungsausschuss die Neubewertung einer PV-Anlage auf den Gebäuden des Parkbades angestoßen. Außerdem soll geprüft werden ob bestehende Anlagen durch Modernisierung ertüchtigt werden können. „Einen Zwang, private Neubauten mit PV-Anlagen auszustatten, lehnen wir aber entschieden ab“, betont Gaby Rauch. „Es gibt genügend Auflagen, die eingehalten werden müssen. Außerdem weiß inzwischen jeder, dass eine eigene PV-Anlage gut ist – wenn er es sich leisten kann.“

Anders stellt sich das Thema Freiflächen-PV dar. Hier sieht die große Politik noch Möglichkeiten, verstärkt Sonnenstrom zu erzeugen. „Im Prinzip ist das auch eine gute Sache“, erläutert Johann Heller. „Allerdings verbrauchen große Solar-Parks landwirtschaftliche Fläche, die oft auch für Lebensmittelproduktion geeignet wäre. Gleichzeitig verändern die mit Solarzellen zugebauten Äcker enorm das Landschaftsbild.“ Deshalb war es der FW-Fraktion wichtig, hier eine Obergrenze zu schaffen. „In konstruktiven Verhandlungen mit Bürgerforum und Grünen haben wir uns schließlich darauf geeinigt, in dieser Stadtratsperiode maximal 20 Hektar Fläche für Freiflächen-PV bereitzustellen“, erläutert Christian Enz. Ein guter Kompromiss, den am Ende alle Fraktionen mittragen konnten. „Auch deshalb, weil wir uns klar zu Bürgerenergie-Projekten bekannt haben – und unsere wertvolle Fläche nicht fremden Investoren anheimfallen soll.“

Die Debatte im Umweltausschuss, so erinnert sich Gaby Rauch, offenbarte jedoch schnell ein Problem. „Der Beschluss, Projekte aus der Bürgerschaft privilegieren zu wollen, war schnell gefasst. Doch viele gut gemeinte Ideen anderer Fraktionen zur Umsetzung scheiterten an der Realisierbarkeit.“ Deshalb regten die FREIEN WÄHLER mit der Installation eines Punktesystems wie bei der Bauplatzvergabe ein pragmatisches Vorgehen an. „Dies war eine komplett neue Idee, wie sie in Bayern bislang nicht existiert. Deshalb mussten wir ein Konzept zur Punktevergabe komplett neu erarbeiten“, berichtet Gaby Rauch aus dem Umweltausschuss. „Am Ende ist es aber auch hier gelungen, Aspekte aller Fraktionen zu berücksichtigen und einen einstimmigen Beschluss zu fassen.“ Dies wurde Anfang des Jahres durch sämtliche Fraktionssprecher im Stadtrat auch gelobt.

In der Stadtratssitzung vom 6. April 2022 sollte dieses innovative Verfahren nun erstmals angewandt werden. „Gleich vier Bauvoranfragen zur Errichtung einer PV-Freiflächenanlage standen auf der Tagesordnung“, erläutert Christian Enz. Diese waren zuvor in Umwelt- und Bauausschuss gemäß den ausverhandelten Kriterien bewertet worden. „Dabei ergab sich ein klares Bild. Zwei Anträge waren zu befürworten, zwei abzulehnen.“ Was auf der Tagesordnung des Stadtrates als Formsache daherkam, entwickelte sich dann aber zu einer emotionalen Debatte. „Irritierend war, dass ausgerechnet die Grünen im Vorfeld Kritik an der Genehmigung einer Anlage in Neunstetten übten“, berichtet Enz. Dort war auf Auracher Altmühlseite eine Freiflächen-PV-Anlage beantragt worden. „Der Standort wäre die Verlängerung eines bereits auf Auracher Gebiet existierenden Solar-Parks. Zudem sollen die Solarzellen im direkten Umgriff der Autobahn – und damit auf bereits belastetem Gebiet – entstehen. Umgesetzt werden soll die Anlage zudem von Neunstetter Bürgern, die mit Unterschriften auch noch die Solidarität des Ortes darlegen konnten“, resümiert Gaby Rauch. „Der einzige Makel war, dass sich das Projekt nicht in einer der vor Jahren bereits ermittelten Vorrangflächen befindet – und dieser Punkt wurde von den Grünen plötzlich als K.o.-Kriterium definiert“. Auch einen zweiten Antrag, diesmal aus dem Neunstetter Ortsteil Niederdombach, wollten die Grünen verhindern. „Hier wurde eine Anlage auf landwirtschaftlicher Vorrangfläche beantragt“, erläutert Gaby Rauch. „Es ist deshalb davon auszugehen, dass nach jetziger Rechtslage das Landratsamt die Genehmigung dort versagen wird“. Aus Sicht der Grünen Grund genug, auch hier mit nein zu votieren. Sehr zum Unverständnis von Fraktionssprecher Christian Enz.

„Natürlich können wir die Sachlage nicht verändern. Aber wir können schon unseren Bürger bei seinem Antrag unterstützen – und mit unserer Zustimmung dem Landratsamt sagen, dass wir den Standort für eine PV-Anlage als geeignet erachten“. Ähnlich sahen es CSU und Fortschrittliche Bürger. Beide Fraktionen stellten die Frage, wie die Energiewende zu schaffen sein soll, wenn im Einzelfall stets Gründe für eine Ablehnung gesucht werden. Für FW-Sprecher Enz ist dieses Vorgehen ein Kennzeichen grüner Politik. „Die Leute sollen vom Auto auf die Bahn umsteigen. Aber neue Bahntrassen werden ebenso bekämpft, wie Werkstätten für Züge. So kann man keine Politik machen. Die Bürger haben das Recht, dass wir ihnen Lösungen aufzeigen – nicht überall verhindern“. Am Ende konnte sich dann aber doch die pragmatische Bewertung nach Punktekatalog durchsetzen und beide Anlagen im Gebiet Neunstetten wurden genehmigt. „Die Anträge in Böckau und Schönau mussten wir dagegen ablehnen, weil sie mit mehreren definierten Zielen der Stadtentwicklung nicht in Einklang zu bringen waren“, ergänzt Gaby Rauch. „Diese können aus unserer Sicht am besten erreicht werden, wenn die Stadt Bürgerbeteiligung im Rahmen eines Zweckbetriebs ermöglicht. Dies haben wir schon öfter angeregt – leider sieht die Verwaltungsleitung darin aktuell keine Option, sie fürchtet zu viel Arbeit. Aber wir bleiben dran.“