Wie funktioniert Freiflächen-Photovoltaik? Darüber informierten sich unsere Stadträte auf einer Exkursion.

21.12.2021
Energiewende vor Ort: Bürger beteiligen, nicht überfordern

„Wir sind uns im Klaren, dass erneuerbare Energien vorangebracht werden müssen“, betont Christian Enz. Denn während aus Rücksicht auf die Umwelt Atom- und Kohlekraftwerke vom Netz gehen, steigt der Strombedarf durch den Umstieg auf E-Mobilität weiter an. Jedoch, so der FW-Fraktionssprecher, müsse ebenfalls an die Belange der Betroffenen gedacht werden. Denn bei allen Vorteilen, sowohl Windräder, als auch Freiflächen-PV-Anlagen haben gravierenden Einfluss auf die Lebensqualität vor Ort.

„Allerdings ist es so, dass städtische Gebiete von der Energiewende nur profitieren. Der ländliche Raum trägt hingegen auch Lasten“, ist Christian Enz sich bewusst. Dies bringt auch demokratisches Denken an seine Grenzen. „Dabei geht es um nicht weniger als die Frage, ob eine nicht persönlich betroffene Mehrheit entscheiden kann, dass eine Minderheit im Schatten von Windmühlenflügeln leben muss“, erläutert der FW-Vorsitzende. „Für uns FREIE WÄHLER steht in diesem Zusammenhang der Minderheitenschutz im Mittelpunkt“. Konkret bedeutet dies, dass die FREIEN WÄHLER keine Projekte befürworten wollen, die von den angrenzenden Ortsteilen abgelehnt werden. Deshalb, so betont Enz, muss die grundsätzliche Frage erlaubt sein, ob überhaupt weitere Windräder auf Herrieder Gebiet wünschenswert sind. „Nicht alles, was machbar ist, muss auch gemacht werden. Wir plädieren nach wie vor dafür, Stadtwerke zu gründen und sich an Windrädern andernorts zu beteiligen“.

Ähnlich sieht es Gaby Rauch. „Für uns hat ganz klar der Ausbau von Photovoltaik Priorität“, erläutert die Vertreterin in Bau- und Umweltausschuss. „Für neue Häuser wollen wir aber keinen Zwang. Bauen ist schon teuer genug. Wegen Mehrkosten von 20.000 Euro kann der Traum vom Eigenheim platzen – das wollen wir nicht.“ Stattdessen setzen die FREIEN WÄHLER auf Anreize, Bestandsimmobilien nachzurüsten. „Allerdings ist das in der Altstadt nicht immer eine Option. Außerdem müssen auch Bewohner von Mehrfamilienhäusern Zugang zu eigenen PV-Anlagen bekommen.“ Denn ohne eigenen Strom, das zeigt der aktuelle Preistrend, wird E-Mobilität schnell zum unbezahlbaren Luxus. „Hier sehen wir die Stadt in der Pflicht. Es gibt noch öffentliche Dächer, die in Bürgerenergiegesellschaften eingebracht werden können“, ergänzt Enz.

Eher kritisch sehen die FREIEN WÄHLER dagegen den Ausbau von Freiflächen-PV-Anlagen. „Hier müssen wir wertvolle Ackerfläche zur Lebensmittelproduktion ebenso schützen, wie den liebenswerten Charakter unserer Heimat“. Deshalb habe man sich mit BürgerForum und Grünen darauf verständigt, für die laufende Legislaturperiode eine Obergrenze einzuführen. „Eine weitere Frage ist, welche Flächen für PV-Anlagen geeignet sind“, berichtet Gaby Rauch. Hierfür wurde bereits vor Jahren ein Gutachten in Auftrag gegeben, das in erneuerter Fassung auch jetzt eine Leitlinie sein soll. „Dies allein war uns jedoch zu wenig“, betont Rauch. „Neben der fachlichen Sicht müssen auch weiche Kriterien eine Rolle spielen“. Aus Sicht der FREIEN WÄHLER sollten hier analog der Vergabe von Bauplätzen für jedes Projekt eine Bewertung vorgenommen werden. Dabei kann die Eigentümerstruktur berücksichtigt werden. „Wir wollen, dass PV-Anlagen in der Hand Herrieder Bürger sind“, betont Enz. Ebenso gilt es, die Akzeptanz bei Bürgern zu bewerten sowie das Landschaftsbild und zukünftige Ausbaumöglichkeiten zu berücksichtigen. „Es kann nicht sein, dass ortsfremde Experten ganze Ortsteile ausschließen – auch wenn die sozialen Aspekte passen“, ergänzt Gaby Rauch. „Deshalb freuen wir uns, an dieser Stelle bei unseren Koalitionspartnern Unterstützung gefunden zu haben“.